Die Anderen
2023
Eine partizipative Kunstaktion für den öffentlichen Raum
9. Oldenburger Zeichenfestival "ausgezeichnet!"
Oldenburger Kunstschule
"Die Anderen sind die, die nicht ich sind.
Sie sind diejenigen, von denen ich mich abgrenze. Sie
sind fremd, sie sind ungewohnt, ich verstehe sie nicht.
Sie tun andere Dinge. Sie sprechen anders. Sie glauben
an etwas anderes als ich. Sie haben andere Meinungen.
Sie wollen nicht das, was ich will. Sie sind da. Ich bin hier.
Wir sind getrennt." (Lars Unger)
(Foto: Izabela Mitwollen)
Die Arbeit „Die Anderen“ greift in einer Reihe von schwarz weißen Plakaten die Ästhetik der Graffitiszene auf. Unterschiedliche Gruppen werden hier ohne Wertung genannt. Dadurch, dass wir allerdings die Graffitis in der Regel mit aggressiven oder polemischen Wortkombinationen verknüpfen, findet die Wertung automatisch in unserem Kopf statt. Lesen wir „Männer“, denken wir womöglich „Männer sind Schweine!“. Lesen wir „Nazis“, denken wir vielleicht „Nazis raus!“. Lesen wir „Cops“, denken wir eventuell „Fight Cops!“.
Die Arbeit deckt hinsichtlich verschiedener Gruppen unsere Vorbehalte und Assoziationen auf. Das geschieht zunächst nur in unseren Köpfen, ganz individuell und heimlich, jede*r für sich. Damit ist Lars Ungers Arbeit „Die Anderen“ auf eine subversive Art partizipativ. Höchstwahrscheinlich jede*r lesende Betrachter*in der Plakate ergänzt die genannten Gruppen um eigene Assoziationen und gibt der neutralen Erscheinung eine eigene wertende Sicht hinzu.
Mit der Plakatierung der Papiere im öffentlichen Raum waren die Plakate natürlich nicht nur den Blicken und Gedanken ausgesetzt. Sie wurden auch zum Teil massiv verändert, überschrieben, zerrissen und überklebt. An dieser Stelle wird das partizipative Element von „Die Anderen“ sichtbar. Die simplen Plakate werden zur rohen Diskursfläche, etwa wenn das Plakat „Juden“ erst zur Hälfte abgerissen, und dann von anderer Hand mit „solidarity“-Aufklebern wieder geflickt wird. Natürlich ist das nicht der angemessene differenzierte Diskurs, den wir wünschen. Die Kraft der Kunstaktion „Die Anderen“ liegt viel mehr darin, Positionen und Fronten auf eine ganz niederschwellige Weise spür- und sichtbar zu machen. Wir lesen nicht nur die „Anderen“ auf den Plakaten. Wir sehen auch die eigene Haltung und die der Anderen.
Georg Lisek, künstlerische Leitung Oldenburger Zeichenfestival
Oldenburg 2023
(Fotos: Izabela Mitwollen)
Die Plakate waren in der Zeit vom 15.09. bis zum 13.10.2023 im öffentlichen Raum in Oldenburg zu sehen.
(Fotos: Izabela MItwollen)
Ansicht der Plakate an einer stark frequentierten
Fußgängerbrücke über die Hunte.
(Fotos: Izabela Mitwollen)
Die durch Passant*innen "bearbeiteten" Plakate
(Fotos: Ole Immel und Lars Unger)
Die "Bearbeitung" der Plakate durch Unbekannte
fand meist nachts und heimlich statt.
(Fotos: Ole Immel und Lars Unger)
(Fotos: Ole Immel und Lars Unger)
(Fotos: Ole Immel und Lars Unger)